Strukturkennzeichen – Normenkonform und disziplinübergreifend strukturieren.
Eine von Anfang an konsequent durchdachte Strukturierung von Anlagen und Maschinen mithilfe von Strukturkennzeichen vereinfacht und beschleunigt den Entwicklungs- und Konstruktionsprozess immens. Komplette mechatronische Stücklisten lassen sich vollautomatisch generieren und der Abgleich von Baugruppen über ERP-Systeme mit den Daten aus dem mechanischen CAD-Bereich geht schnell von der Hand. Es ist die Heirat zwischen der Elektrotechnik und Mechanik. Der Brückenschlag zur Mechanik und somit zur mechatronischen Stückliste ist gut umsetzbar, wenn man kleine Funktionen und Funktionseinheiten bildet, die auf der einen Seite mit den mechanischen Baugruppen übereinstimmen und auf der anderen Seite beliebig oft wiederverwendet werden können.
Der Trick dabei heißt also Wiederverwenden von Baugruppen und deren damit verbundenen elektrischen Teilschaltungen. Wer den Motorantrieb nebst Absicherung und Steuerung des Roboters #2 aus der Fertigungsanlage #3 im Werk A im Roboter #2 der Fertigungsanlage #5 im Werk B wiederverwenden möchte, zieht das Makro dieser Teilschaltung einfach per drag & drop in die Pläne der dortigen Anlage. Vorausgesetzt, man hat zuvor die Struktur entsprechend angelegt, werden alle im Makro hinterlegten Kennzeichen automatisch übernommen und in die neue Struktur eingefügt. Das zeitraubende und fehleranfällige manuelle Umbenennen entfällt. Die neuen Referenzkennzeichen sind eindeutig der Anlage B zugeordnet, in allen Unterlagen: den Stücklisten, Klemmenplänen, für die Beschaffung oder Kalkulation – wo immer die Bauteile auftauchen.
Eine zuvor angelegte Struktur wiederum setzt voraus, dass man diese „von Anfang an konsequent durchdacht hat“. Ein kleiner Aufwand zu Beginn spart später also viel Zeit, vermeidet Missverständnisse und erhöht die Transparenz und Qualität von Projekten. Konstrukteure wie Betreiber können jetzt jederzeit den Standort (++) und Einbauort (+), die Funktion (==) und Anlage (=) eindeutig identifizieren und bestimmen.
Die Strukturkennzeichnung wird sowohl auf Anlagen als auch innerhalb von Anlagen für bestimmte Orte, Bereich und Funktionen oder jede beliebige Kategorisierung angewendet und einem Projekt hinzugefügt. Die IEC-Norm 81346 beschreibt den Aufbau einer Anlage als Objektmodell mit den drei unabhängigen Sichten „Produkt“, „Funktion“ und „Ort“. Der Anwendungsbereich dieser Norm geht über den rein elektrotechnischen Bereich hinaus: technische Systeme werden in ihrer Gesamtheit beschrieben. Mechanische Elemente werden also genauso berücksichtigt wie typische elektrotechnische Objekte. Die Norm schreibt allerdings nicht vor, wie man ein Projekt strukturieren muss. Sie ist lediglich ein Leitfaden für die übersichtliche und nachvollziehbare Aufteilung eines Projektes.
Eine konsequent durchdachte Strukturierung folgt also zunächst der übergeordneten Struktur:
++ | für den Aufstellungsort = der Örtlichkeit mit mehreren Einbauorten, beispielsweise Gebäude, Räume oder Grundstücke |
== | für die funktionale Zuordnung = der Beschreibung einer übergeordneten Funktionseinheit wie zum Beispiel einem Roboter #1 oder …. |
& | für die Art der Dokumente |
Für die übergeordnete Strukturierung wird das neue Add-On „Advanced Project Structure“ der WSCAD SUITE 2017 benötigt.
Im zweiten Schritt folgt dann die untergeordnete Struktur:
+ | für den Einbauort, beispielsweise ein Schaltschrank, eine Lüftungsanlage oder die Spindel eines Fräszentrums |
= | für die Funktion einer Funktionseinheit, zum Beispiel „Positionieren“, „Bewegen“ oder „Greifen“ des Roboters #1 von oben |
Diese Funktionalität ist Bestandteil der WSCAD SUITE und wurde in der Bezeichnung an die IEC-Norm 81346 angeglichen.
Beispiel für eine einfache Strukturierung
Wir planen einen Industriekomplex mit Produktion, Werkstatt und Verwaltung. In den jeweiligen Bereichen haben wir Energieverteilungen, Lüftungs-, Heiz- und Kühlanlagen. Die Strukturierung könnte wie in Abbildung 1 aussehen:
Es wird zwischen den Bereichen (Verwaltung-Produktion-Werkstatt) und den Orten (Unterverteilung-Lüftung und ggf. Heizung- Kühlung) unterschieden. Bauteile, die in der Schaltanlage verbaut sind wären in der Anlage 01- Unterverteilung 1 zu finden und hätten darauf folgend die Bezeichnung des Bauteils z.B. –M1. Der volle Betriebsmittelkennzeichen-schlüssel (BMK-Schlüssel) würde in diesem Beispiel dann =A01+UV1-M1 heißen.
Beispiel für eine erweiterte Strukturierung
Möglich ist aber auch eine detailliertere Kennzeichnung der Betriebsmittel in der Anlage, wie in Abbildung 2 dargestellt:
In diesem Beispiel wird die Anlage nicht in die verschiedenen Bereiche Verwaltung-Produktion-Werkstatt unterteilt, sondern in die technischen Aspekte der Anlage: Lüftungsanlage- Schaltanlagen-Technikzentrale-Schaltfeld. Der Lüftungsanlage (L001) wird die Funktion der Schaltanlage zugeordnet (SSISP01), zudem wird die Technikzentrale1 (TZ1) in mehrere Orte unterteilt – im Beispiel in den Ort Feld1 (F1).
Somit ist der Motor M1 über die funktionalen Aspekte und die Ortsaspekte klar identifiziert. Das BMK (Betriebsmittelkennzeichen) würde in diesem Beispiel wie folgt aussehen: ==L001=SSISP01++TZ1+F1-M1
Das neue Add-On Advanced Project Structure auf einen Blick
- Erweiterung der Strukturkennzeichen ‚-‚‚ ‚+‘ und ‚=‘ um die Aspekte ‚==‘ (Funktionale Zuordnung), ‚++‘ (Aufstellungsort) und ‚&‘ (Dokumentenart) gemäß der Normen IEC 81346 und IEC 81346/3
- Abbildung des KKS (Kraftwerk-Kennzeichnungsschlüssel) und der Datenpunktschlüssel für Building Automation
- Anlegen von Unterstrukturen mittels der Trennzeichen „Punkt“ und „Schrägstrich“
- Erweiterung der Projekte um eine beliebige Anzahl an Unterstrukturen
- Einstellmöglichkeit für Projekt-Strukturkennzeichen: Gesperrt, Beschreibend, Verfügbar
- Einstellmöglichkeiten für Betriebsmittel-Referenzkennzeichen: Nicht verfügbar, Referenzierend, Referenzierend mit Vererbung, Beschreibend, Beschreibend mit Vererbung
Die Vorteile
- Schnelles Finden von Betriebsmitteln mittels einer durchgehenden und konsequenten Strukturierung von Anlagen und Maschinen – im Plan wie in der physischen Anlage
- Einfache Wiederverwendung von Funktionen, Baugruppen und Teilschaltungen
- Blattunabhängige Betriebsmittelkennzeichnung
- Mehr Transparenz in komplexen Projekten und gewerkeübergreifende Gültigkeit
- Fertigungsgerechte Unterlagen und eindeutige Schilderbeschriftung
- Stücklistengruppierungen, beispielsweise aus ERP-Ausleitungen
- Einfache Erstellung mechatronischer Stücklisten
- Filter- und Sortierkriterien für individuelle Exporte
- Aufbau optimal strukturierter Beispielprojekte, Vorgaben und Definitionen für optimale Strukturen (Formulare, Aufbau der Artikeldaten, etc.)
Wann ist die Nutzung des neuen Add-Ons Advanced Project Structure sinnvoll?
- Bei Projekten größer 80 Seiten Umfang
- Wer strukturell standardisieren möchte
- Wer gewerkeübergreifend arbeitet (Electrical, Fluid, P&ID)
Typische Anwendungen finden sich im Anlagenbau, in der Energiebranche und bei Herstellern komplexer Maschinen.
Fehlt das Know-how oder die Zeit für den Aufbau einer effizienten und normenkonformen Produkt- beziehungsweise Anlagenstruktur, helfen wir gerne. Unsere Consultants haben umfangreiche Erfahrung mit der Strukturierung von Maschinen und Anlagen und können auf eine Vielzahl von Best Practices aus der Industrie zurückgreifen. Außerdem beherrschen wir mehrere E-CAD-Systeme. Fragen Sie uns ruhig auch dann, wenn Sie ein anderes E-CAD-System nutzen.
Jürgen Panhölzl
Manager,
Global Business Services